Vorrang des zu Fuß Gehenden beim Abbiegen

  • § 9 Abs. 3 StVO (Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren): Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen; wenn nötig, ist zu warten.“ Dieser kleine Absatz in der Straßenverkehrsordnung wird häufig missachtet, zum Teil auch wegen Regelunkenntnis.

Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) brachte es anlässlich einer Untersuchung von Zebrastreifen an Kreisverkehren ans Licht. Lediglich 3 Prozent der Kraftfahrenden und zu Fuß Gehenden benannten für die Kreisausfahrt die Regel „zu Fuß Gehender vor Kraftfahrzeug“ und für die Zufahrt „Kraftfahrzeug vor zu Fuß Gehendem“. Oft helfen auch Zebrastreifen nicht, die Untersuchung ergab mehr Verkehrsunfälle als ohne. Deshalb die Empfehlung der BASt Zebrastreifen nur dort zu bauen, wo sie gut erkennbar und die Sichtbeziehung zwischen den Verkehrsteilnehmenden ausreichend ist.

Zur Vorschrift: Diese besondere Sorgfaltspflicht gilt für zu Fuß Gehende insgesamt, unabhängig davon, in welche Richtung sie gehen. Ihnen ist gegenüber Abbiegenden Vorrang eingeräumt. Das Gebot gilt sowohl für den Links- als auch für den Rechtsabbiegenden.

Wer ist überhaupt Abbieger? § 9 StVO regelt Fahrrichtungsänderungen von Fahrzeugen. Die wesentlichen Tatbestände dieser Norm betreffen das Abbiegen. Es biegt ab, wer die bisher benutzte Straße seitlich verlässt. Bedeutet, dass ich dem zu Fuß Gehenden nur bei diesem Vorgang Vorrang einräumen muss, nicht beim Einfahren in einen Kreisverkehr oder auf gerader Strecke.

Dem zu Fuß Gehenden sind die Benutzenden der besonderen Fortbewegungsmittel z. B. Rollschuh Fahrende oder Inline-Skater gleichgestellt.

Der Fahrende muss in der Regel Schrittgeschwindigkeit fahren und möglichst hinter dem rechts neben ihm befindlichen zu Fuß Gehenden herfahren, so dass er während des Abbiegevorganges gegebenenfalls jederzeit anhalten kann.

Da vom Kraftfahrzeug Fahrenden beim Abbiegen Blinken vorgeschrieben wird, kann sich der zu Fuß Gehende darauf einstellen.

Das Vorrecht der zu Fuß Gehenden wird durch das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme eingeschränkt. Sie müssen sich wenigstens durch beiläufigen Blick nach den Seiten über die Verkehrslage vergewissern und bei erkennbarer Gefährdung warten. Sie dürfen das Abbiegen nicht unnötig erschweren und müssen die Straße zügig und geradeaus überschreiten.

Da es besonders häufig zu Unfällen mit großen Fahrzeugen gekommen ist, da deren Fahrende beim Abbiegen auf Grund des toten Winkels zu Fuß Gehende und geradeaus Radfahrende übersehen haben, hat der Gesetzgeber im April 2020 folgende Vorschrift erlassen:

„Wer ein Kraftfahrzeug mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t innerorts führt, muss beim Rechtsabbiegen mit Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn auf oder neben der Fahrbahn mit geradeaus fahrendem Radverkehr oder im unmittelbaren Bereich des Einbiegens mit die Fahrbahn überquerendem Fußgängerverkehr zu rechnen ist.

Für solche Neufahrzeuge wird verpflichtend ein Abbiegeassistent eingeführt, welcher akustisch und optisch warnt. Ausgerüstet mit einem Bremsassistent wird sogar automatisch eine Bremsung eingeleitet.

Im Gesetz ist die Behinderung enthalten, obwohl sie nicht ausdrücklich erwähnt ist.  Eine mögliche Gefährdung geht über diese Bestimmung hinaus und erhöht das Bußgeld. Der Grundverstoß bedeutet als Konsequenz ein Bußgeld von 70 € , eine Gefährdung erhöht den Satz auf 85 €, kommt es zu einem Unfall führt es zu einer Sanktion in Höhe von 105 €, jeweils belegt mit einem Punkt.

Wer mit einem Pkw abbiegt, auf zu Fuß Gehende keine besondere Rücksicht nimmt und diese dadurch gefährdet muss mit einem Bußgeld in Höhe von 140 €, einem Punkt und einem Monat Fahrverbot rechnen.

Zwei Beispiele im beigefügten Dokument sollen die Problematik verdeutlichen.